Entsendung

Je nachdem, in welchem Land gearbeitet werden soll, kann überstaatliches oder zwischenstaatliches Recht zur Anwendung kommen. Trifft weder das eine noch das andere zu, spricht man vom vertragslosen Ausland. Für gesetzlichen Unfallversicherungsschutz müssen dann die Voraussetzungen für eine Ausstrahlung vorliegen.

Bei Entsendung ins EU/EWR-Ausland oder in die Schweiz gilt das sogenannte überstaatliche Recht. Durch EU-Verordnungen wird geregelt, unter welchen Voraussetzungen deutsche Rechtsvorschriften weiterhin anwendbar sind: Der Sitz des Unternehmens muss in Deutschland sein, die Entsendung muss im Voraus zeitlich begrenzt sein, ein inländisches Beschäftigungsverhältnis wird im Ausland weitergeführt und die entsandte Person löst nicht eine andere entsandte Person ab, bei der die zeitliche Begrenzung abgelaufen ist.

Die zeitliche Begrenzung beträgt 24 Monate. Sollte es im Einzelfall erforderlich sein, so kann eine Ausnahmevereinbarung über die „Deutsche Verbindungsstelle Krankenversicherung – Ausland“ (DVKA) beantragt werden, um diesen Zeitraum zu verlängern.

Sollen Beschäftigte in ein Land außerhalb des EU/EWR-Auslands einschließlich Schweiz entsandt werden, muss festgestellt werden, ob Deutschland mit diesem Land ein Sozialversicherungsabkommen geschlossen hat, welches die Unfallversicherung einschließt. Dann gilt sogenanntes zwischenstaatliches Recht.

Abkommen bestehen mit Bosnien-Herzegowina, Brasilien, Israel, Kosovo, Marokko, Mazedonien, Montenegro, Québec, Serbien, Türkei und Tunesien (Stand: November 2017).

Die konkreten Voraussetzungen, damit die Weitergeltung der deutschen Rechtsvorschriften bescheinigt werden kann, sind im jeweiligen Abkommen geregelt. Dort sind auch die jeweils geltenden Entsendezeiträume festgelegt. Genaue Details und länderspezifische Informationen bietet die DVKA auf ihrer Internetseite durch umfassende Merkblätter für Unternehmen und Behörden sowie Erwerbstätige an.

Bei Entsendung in ein Land, das weder zum EU/EWR-Ausland einschließlich Schweiz gehört, beziehungsweise mit dem kein Sozialversicherungsabkommen geschlossen wurde, kann ein Fall der Ausstrahlung gemäß § 4 SGB IV eintreten. Voraussetzung ist, dass die Entsendung im Voraus zeitlich begrenzt ist und die Entsendung im Rahmen eines inländischen Beschäftigungsverhältnisses erfolgt.

Eine feste Zeitgrenze gibt es nicht, jedoch muss im Voraus ein Endzeitpunkt festgelegt werden. Für die Feststellung, ob die Entsendung im Rahmen eines inländischen Beschäftigungsverhältnisses erfolgt, wird insbesondere geprüft, ob weiterhin eine Eingliederung in das inländische Unternehmen vorliegt. Das bedeutet, dass für Arbeitskräfte Weisungsgebundenheit hinsichtlich Zeit, Ort, Art und Dauer der Tätigkeit besteht.

Die Spitzenverbände der Sozialversicherung haben am 18. November 2015 für die Sicherstellung der einheitlichen Bewertung der Ausstrahlung eine Gemeinsame Verlautbarung zur versicherungsrechtlichen Beurteilung entsandter Arbeitnehmer aufgestellt. Für die Prüfung des Fortbestehens des deutschen Beschäftigungsverhältnisses werden in der Gemeinsamen Verlautbarung unter Punkt 3.1 durch Rechtsprechung entwickelte Grundsätze aufgelistet, die für eine Ausstrahlung nach § 4 SGB IV vorliegen müssen:

  • Der vorübergehend im Ausland beschäftigte Arbeitnehmer muss organisatorisch in den Betrieb des entsendenden Arbeitgebers eingegliedert bleiben und wesentliche Elemente eines Beschäftigungsverhältnisses erfüllen.

  • Der arbeitsvertragliche Anspruch auf Arbeitsentgelt muss sich gegen den entsendenden Arbeitgeber richten.

  • Der entsendende Arbeitgeber muss das Arbeitsentgelt tatsächlich wirtschaftlich tragen und berechtigt sein, dieses als Betriebsausgabe steuerlich geltend zu machen.

Diese Punkte stellen lediglich die groben Grundzüge der Voraussetzungen dar. Ob im Einzelnen ein Fall der Ausstrahlung nach § 4 SGB IV vorliegt, muss unter Berücksichtigung der konkreten Umstände rechtlich bewertet werden. Der Betrieb kann hierzu von den Einzugsstellen der Beiträge eine Feststellung verlangen (Punkt 3.7 der Verlautbarung).

Um die Weitergeltung der deutschen Rechtsvorschriften – und hier ist generell die Sozialversicherung gemeint – nachweisen zu können, muss im EU/EWR-Ausland und in der Schweiz die sogenannte Bescheinigung A1 mitgeführt werden. Hierdurch wird dokumentiert, dass die Voraussetzungen der vorübergehenden Entsendung erfüllt sind und die/der Beschäftigte keine Sozialversicherungsbeiträge im Ausland zahlen muss. Es gelten vielmehr die Bedingungen aus dem Entsendeland. Die Bescheinigung kann vom Arbeitgeber oder Beschäftigten bei der deutschen Krankenkasse beantragt werden, bei der die Mitarbeiterin oder der Mitarbeiter versichert ist.

Bei Entsendung in Staaten außerhalb des EU/EWR-Auslands einschließlich Schweiz gibt es vergleichbare Bescheinigungen.

Welche das im Einzelnen sind, hat die DVKA auf ihrer Internetseite im Informationsblock Arbeitgeber und Erwerbstätige für die verschiedenen Staaten aufbereitet und zur Verfügung gestellt.

Durch die EU-Verordnungen Nr. 883/2004 und 987/2009 wird geregelt, dass ins EU/EWR-Ausland und Schweiz entsandte Arbeitskräfte Anspruch auf Sachleistungsaushilfe haben. Wird aufgrund eines Arbeitsunfalles oder einer Berufskrankheit eine ambulante oder stationäre Behandlung erforderlich oder ist eine Behandlung mit Medikamenten oder therapeutische Leistung angezeigt, so können die Betroffenen dies durchführen lassen und der Leistungserbringer rechnet im Zusammenwirken mit dem ausländischen Sozialleistungsträger letztlich direkt mit dem deutschen Unfallversicherungsträger ab. Der Leistungsumfang orientiert sich allerdings an den ausländischen Regeln des jeweiligen Landes.

Sofern darüber hinausgehende Wahlleistungen beansprucht werden, müssen die Beschäftigten diese Kosten zunächst selbst tragen. Die Belege können dann direkt an die UVB übersandt werden. Wir prüfen dann, ob und in welcher Höhe eine Erstattung nach den deutschen Vorschriften möglich ist.

Damit Sachleistungsaushilfe im EU/EWR-Ausland einschließlich Schweiz abgewickelt werden kann, muss der/dem Versicherten durch die UVB mit dem Formular „DA1“ bescheinigt werden, dass ein Arbeitsunfall oder eine Berufskrankheit vorliegt, der oder die behandlungsbedürftige Folgen nach sich gezogen hat.

Ob Sachleistungsaushilfe in einem Land außerhalb dieser Gebiete, mit dem ein Sozialversicherungsabkommen geschlossen wurde, erbracht werden kann, ist abhängig von den konkreten Regelungen des Abkommens. Dort gelten dann mit der DA1-Bescheinigung vergleichbare Formulare.

Im vertragslosen Ausland ist die Sachleistungsaushilfe ausgeschlossen. Sollte in diesen Fällen ärztliche Behandlung notwendig werden, so müssen die Kosten zunächst durch die Beschäftigten selbst getragen werden. Die Belege können danach zur Prüfung der Kostenerstattung an die UVB übermittelt werden. Empfehlenswert ist es, dass Beschäftigte mit ihrem Unternehmen vertragliche Regelungen vereinbaren, dass dieser aus Fürsorgepflicht vorläufig die Kosten für Sachleistungen übernimmt.

Ein Rücktransport in die Bundesrepublik Deutschland ist grundsätzlich Aufgabe des Unternehmens, der Betriebsarzt oder die Betriebsärztin sollten beteiligt werden. Die Kosten werden von der UVB nur dann übernommen, wenn die Rückführung aus medizinischen Gründen erforderlich ist.

Sollte aufgrund eines Versicherungsfalles ein Rücktransport erforderlich werden, reicht in der Regel die erste Einschätzung eines medizinischen Dienstes aus. Hier wäre gegebenenfalls auch die jeweilige Botschaft der Bundesrepublik Deutschland im Gastland mit ihrem medizinischen Dienst (beispielsweise Botschaftsarzt/-ärztin) einzuschalten.

Um spätere Meinungsverschiedenheiten hinsichtlich der medizinischen Indikation zur Rückkehr und der zu wählenden Transportart zu vermeiden, wird eine vorherige Abstimmung mit der UVB dringend empfohlen. In diesem Zusammenhang können die weiteren offenen Fragen erörtert werden. Grundsätzlich kann eine Entscheidung über eine Rückführung nur im konkreten Fall unter Berücksichtigung der individuellen Gegebenheiten getroffen werden.