Die Sichtweisen und Erwartungen an ein Betriebliches Gesundheits management (BGM) sind vielfältig: Manche verstehen darunter Apfel gesundheit und Firmenlauf. Das ist aber nur ein kleiner Auszug. BGM ist vielmehr ein stetiger Verbesserungsprozess, der verschiedene Akteure, Ideen und Initiativen in einer Organisation zusammenbringt, um gute und zukunftsorientierte, sichere und gesunde Arbeitsbedingungen zu schaffen. Das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Ju- gend (BMFSFJ) geht den letzteren Weg. Mithilfe der neuen Beschäftigten- befragung der UVB. Autorin Janett Bölsing, Referat „Mobiles und flexibles Arbeiten, Gesundheitsmanagement“ im Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend Bei uns im BMFSFJ gab es seit Langem eine klassische Gesundheitsförderung und ein BGM mit Prozessen und Strukturen. Das Mi nisterium war gut aufgestellt, und dennoch fehlte ein entscheidender Schritt zu einer systematischen Organisationsentwicklung mit dem Schwerpunkt „gesund und zukunftsfest arbeiten“. Wir standen an dem Punkt: Was sind gute Arbeitsbedingungen? Wo sollen wir ansetzen? Und wie können wir gute sinn volle Arbeit fördern? In der Quantenphysik gibt es ein Gedankenexperi ment, das sich die Frage stellt, ob die physikalische Theorie auch der Realität entspricht. Es trägt den Namen Schrödingers Katze. Das Experiment greift die Paradoxie auf, dass eine lange eingesperrte Katze ohne Fürsorge zugleich als lebendig oder nicht leben dig betrachtet werden kann. Dieser „Katzenzustand“ gilt so lange, bis wir einen Blick in den Karton werfen und uns ein Bild von den Tatsachen machen. Was für quantenmechanische Systeme gilt, gilt auch für das Innenleben von Organisationen: Wir haben erst Klar heit, wenn wir uns vergewissern, nachschauen, nach fragen. Auch wir im BMFSFJ befanden uns in diesem ungewissen Zustand. Dann erfuhren wir von dem Pro jekt der UVB zur Entwicklung der neuen Beschäftig tenbefragung MOLA. MOLA steht für „Menschen. Organisationskultur. Leistung. Arbeitsgestaltung.“. Das Akronym beschreibt gut, worum es in dem Frage bogen geht, der bereits in der letzten Ausgabe des UVB.dialog vorgestellt wurde. Das Ministerium ist eine von neun Pilotbehörden, die den neuen Frage bogen inhaltlich gestaltet und eingesetzt hat. So konnten wir im übertragenen Sinne einen Blick in den Karton werfen, und die gute Nachricht schon vorab: Die Schrödingers Katze des BGMs lebt. Doch bis zu dieser Erkenntnis mussten wir uns im Haus diversen Herausforderungen stellen: Wollen wir die Befragung fest als Messinstrument für gesun 3 | 2021 UVB.dialog C e g a r i M / s e g a m I y t t e G o t o F de Arbeit etablieren? Wie halten wir den Datenschutz ein? Wie erreichen wir eine gute Rücklaufquote? Diese Fragen und andere wurden in einem eigens gegründeten Steuergremium intensiv erörtert, und die BGMKoordination erstellte auf dieser Basis ein Datenschutz, Kommunikations und Implementie rungskonzept und viele andere Ideenpapiere. Das BMFSFJ war gut aufgestellt. Und dann kam die Pandemie – zeitgleich mit dem Start der Befragung, der wir den Namen „360°“ gegeben hatten. Kurzfristig umplanen Wir hatten von Anbeginn geplant, die Befragung online durchzuführen. Das war also nicht die Herausforderung. Die Herausforderung war das Kommunikationskonzept, denn es war plötzlich niemand mehr im Büro. Es war ursprünglich vorge sehen, vor allem analoge Kommunikationsmittel einzusetzen und das persönliche Gespräch zu su chen. Aufwendig hatten wir unter anderem Plakate gestaltet, die nun in den Fluren keines Blickes ge würdigt wurden. Auszubildende hatten Postkarten mit einem Teilnahmeaufruf gestaltet. Kaum waren sie gedruckt, verstaubten sie im Schrank zusammen mit dem EmojiTraubenzucker, den es als Bonbon obendrauf geben sollte. Es war also Zeit für Veränderung, und die BGM Koordination steuerte kurzerhand um. Wir digitali sierten die Postkarten und Plakate, drehten einen Videoaufruf der Hausleitung und verteilten alle Infor mationen via Intranet oder EMails. Zudem installier ten wir im Intranet einen Fortschrittsanzeiger für die Rücklaufquote – ein Emoji, das sich mit steigender Beteiligung veränderte und zufriedener wurde. Und siehe da: Beteiligungsquote und Ergebnisse der Befragung waren gut. Hier hätten wir sagen können: „Auftrag ausgeführt. Handlungsbedarf praktisch nicht vorhanden.“ An dieser Stelle zieht die Ver Wissen 21