Titelthema in schon gewachsenen Unternehmen eine geregelte Aufarbeitung von Fehlern fest in die Unternehmenskultur imple- mentiert ist. Doch das ist nicht gerade häufig der Fall. Im Interesse aller „Vielen Menschen fällt es schwer, zuzuge- ben, dass sie etwas falsch gemacht ha- ben. Es ist ihnen entweder peinlich oder sie haben Angst vor negativen Auswir- kungen auf ihre Anstellung“, berichtet Psychologe Jan Hetmeier von der UVB. „Dabei sollte es – ob aus Sicht von Sicher- heit und Gesundheit oder aus wirtschaft- licher Sicht – im Interesse jedes Betriebes und Unternehmens sein, dass der gleiche Fehler sich nicht immer wiederholt.“ Da- für müssen allerdings die innerbetriebli- chen Voraussetzungen geschaffen wer- den, die sich durch alle Hierarchien ziehen. „Dort, wo Fehler mit Unzuläng- lichkeit gleichgesetzt sind und gleich negative Konsequenzen drohen, wird der normale Angestellte sicherlich nicht den ersten Schritt machen; das muss von oben vorgelebt werden“, ist sich Hetmeier sicher. Das Konzept der FuckUp Nights lässt sich vielleicht nicht eins zu eins in eine bestehende Unternehmenskultur ein- pflegen, ist jedoch ein guter Ansatz, um eine eigene positive Fehlerkultur auf den Weg zu bringen. Deshalb war dieser An- satz als FuckUp Party auch Teil des letzt- jährigen Potsdamer Dialogs. „Freiwillige zu finden, die über das eigene Scheitern sprechen, war jedoch gar nicht so einfach“, berichtet die Orga- nisatorin der Fachtagung, Anne Möbus. „Da habe ich gemerkt, dass die Offen- heit, über Fehler zu sprechen, in unse- rem Umfeld noch ausbaufähig ist.“ Trotz- dem kam das Konzept bei den Gästen sehr gut an. „Nur auf Hochglanzprojekte zu schauen, bringt uns nicht weiter. Wir wollten erlebbar machen, wie Versagen zum Motivator werden kann! Und wir konnten hoffentlich die entsprechenden Anreize geben“, äußert sich Möbus hoff- nungsvoll. Drei Fragen an … Johanna Scholz Johanna Scholz, Referentin Psycho logie und Personal, Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft Frau Scholz, Sie waren eine der wenigen, die sich auf der FuckUp Party beim Potsdamer Dialog freiwillig als Rednerin gemeldet hat. Wie war es für Sie, so offen über das Scheitern zu sprechen? Johanna Scholz: Ich habe das jetzt schon ein paarmal gemacht und konnte mich daran gewöh- nen. Mein Ziel ist es, Berührungsängste zum Thema Scheitern abzubauen und einmal mehr zu verdeutlichen: Niemand ist unfehlbar. Selbstkritik und der Umgang mit Krisen sagen viel darüber aus, ob ein Mensch lernfähig ist und wie flexibel er auf seine Umwelt reagieren kann. Das sind in der schnelllebigen Arbeitswelt, in der wir uns heute befinden, grundlegende Fähigkei- ten, die ich beispielsweise auch von Bewerben- den erwarte. Und ich kann ja nicht Wasser predi- gen und Wein trinken. Was halten Sie grundsätzlich von der FuckUp- Bewegung? Häufig stellt sich viel zu spät heraus, dass die Dinge nicht so laufen, wie sie sollten, weil man sich zu wenig Zeit nimmt, um über Fehler zu sprechen. Darum finde ich es gut und richtig, sich vor Augen zu führen, dass es in Ordnung ist, auch mal falschzuliegen. So können nicht nur Probleme erkannt und Fehler korrigiert werden, sondern es schult außerdem Toleranz und eine gewisse Demut gegenüber anderen. Dadurch werden langfristig der Selbstwert des Einzelnen und der Zusammenhalt der Belegschaft gestärkt. Doch dafür müssen alle mitmachen. Hier stößt die FuckUp-Bewegung noch an ihre Grenzen. Denn sobald sich ein gewisser Kreis an Personen diesem Prozess entzieht, können Gesichtsverlust, Selbstverunsicherung oder sogar Sanktionen die Folge sein. Was macht für Sie eine offene Fehlerkultur aus? Selbstreflexion wird möglich, wenn man eine Rückmeldung für seine Arbeit erhält. Dazu braucht es eine Plattform, um über eigene Fehler sprechen zu können. Dabei muss die Fehlerursa- chenforschung im Vordergrund stehen, worauf basierend alternative Verhaltensweisen und Ergebnisse vereinbart werden können. Das Wichtigste ist, dass man es schafft, eine Kultur herzustellen, in der Fehler wirklich er- wünscht sind. Das Verhalten, sich kritisch mit sich selbst auseinanderzusetzen, muss belohnt und darf nicht bestraft werden. Deshalb muss eine Führungskraft immer mit gutem Beispiel vorangehen und eine Fehlerkultur auch wirklich wollen, sonst kann es nicht funktionieren. t a v i r p : 9 . S ; y l a D t r e b o R / s e g a m I y t t e G : 8 . S s o t o F 1 | 2020 UVB.dialog 9