Wer denkt, der öffentliche Dienst sei von starren Struk- turen durchzogen, der hat Sandro Zehner noch nicht getroffen. Der Bürgermeister der Stadt Taunusstein vor den Toren Wiesbadens setzt alle Hebel in Bewegung, um seine Stadt- verwaltung zu reformieren und als attraktive Arbeitgeberin zu positionieren. Titelthema Denn Zehner steht vor einer gewaltigen Herausforderung: In den kommenden fünf Jahren ist rund ein Drittel der 350 Stellen in der Verwaltung neu zu besetzen, weil die jetzigen Angestellten in den Ruhestand gehen. Der Blick in die Altersstruktur der Beschäftigten der Stadt ließ ihn bei seinem Amtsantritt im Jahr 2014 nach- denklich werden: „Mir ist klar geworden, dass wir uns als attraktive Arbeit geberin positionieren müssen, wenn wir lang- fristig im Wettbewerb mit der Konkurrenz aus der Wirtschaft und der nahe gele- genen Landeshauptstadt Wiesbaden bestehen wollen“, sagt Zehner. Also gestaltet er in seiner Verwaltung einen Kulturwandel. Eine wichtige Säule des Verände- rungsprozesses ist die Beteiligung seiner Beschäftigten. Zehner fragt nach und hört zu, um optimal auf ihre Bedürfnisse einzugehen. Er arbeitet kontinuierlich daran, passende Rahmenbedingungen für die individuellen Bedürfnisse der kommenden Generation zu schaffen – um auch in Zukunft eine leistungs fähige Belegschaft zu sichern. Einfach mal nachfragen Beim Gehalt ist angesichts der vorgegebe- nen Tarifstruktur im öffentlichen Dienst nichts zu machen. Deswegen legt Zehner viel Wert auf „weiche“ Faktoren, etwa darauf, dass sich die Angestellten bei der Stadt wohlfühlen. Ein zentrales Anlie- gen: Er will mit einer flexiblen Arbeits- umgebung punkten, die sich an der Ge- sundheit und dem Wohlergehen jedes Einzelnen orientiert. Immer wieder hin- terfragt er dazu bestehende Strukturen: Ist die Stadt als Arbeitgeberin noch kon- kurrenzfähig? Was braucht die Beleg- schaft? Wo muss er anpacken? Antworten auf die Fragen liefern im- mer häufiger die Beschäftigten selbst. Für den Bürgermeister ist klar: Sie sind die Treiber des Veränderungsprozesses. Des- halb sind ihm die Vorstellungen, Ansich- ten, Ideen und Wünsche seiner Beleg- schaft wichtig. Als eine Mitarbeiterin mit dem Vorschlag auf ihn zukam, kosten- loses Wasser für alle anzubieten, war Zehner sofort überzeugt – und handelte: Inzwischen wird allen Beschäftigten des Rathauses, der Stadtwerke sowie der städtischen Kindergärten kostenlos Wasser angeboten. Gemeinsam, statt vom Chef verordnet Sandro Zehner hat erkannt: Seine Beschäftigten fühlen sich wertgeschätzt, wenn sie sich einbringen und so Einfluss nehmen können. Gerade, wenn es um sie selbst betreffende Angelegenheiten wie Sicherheit und Gesundheit geht, wirkt sich das Gefragtwerden positiv auf ihre Motivation und Identifikation mit einem Unternehmen aus. Ein weiterer Pluspunkt: Gemeinsam getroffene Entscheidungen werden als verbindlicher wahrgenommen, besser akzeptiert und umgesetzt. Das ist vor allem bei Sicherheits- und Gesundheitsmaßnahmen wichtig. Wer das Wissen aller im Betrieb nutzt, handelt sicherer, gesünder und erfolgreicher. Dabei ist es Aufgabe der Führungskräfte, die notwendigen organisatorischen Voraussetzungen zu schaffen, damit sich alle gleichermaßen beteiligen können. Hier können die betrieblichen Interessenvertretungen helfen – sie sind wichtige Ansprechpersonen und Multiplikatoren, für die Beteiligung eine bedeutende Rolle spielt. Alle Beschäftigten einzubeziehen, geht einfach: etwa durch Mitarbeiterbefragungen, ein aktives Vorschlagswesen oder Arbeits- gruppen zu bestimmten Themen. V U G D o t o F 3 | 2019 UVB.dialog 3 | 2019 UVB.dialog 11